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Zwischen Wasser
Die Schönheit der Provinz, Teil 1: Der Kunstverein Schloss Plön in
der holsteinischen Schweiz ■ Von
Hajo Schiff
Malerisch liegt
das weiße Schloss auf dem grünen Berg über den Plöner Seen. Nachdem Preußen
1866 Schleswig-Holstein von den Dänen erobert hatte, wurde in der einst
herzoglichen Residenz eine Kadettenanstalt eingerichtet. Und weil später selbst
kaiserliche Prinzen in dem Internat ausgebildet wurden, bekamen die eine eigene
Schwimmhalle gebaut. Die unter Denkmalschutz stehende, in einem sehr sachlichen
Jugendstil gebaute Halle wurde nach langen Auseinandersetzungen 1996 erstmals
als Notlösung dem bis dahin im Schloss ausstellenden Kunstverein zur Verfügung
gestellt. Der hatte sich fünf Jahre zuvor als Bürgerinitiative zum Ankauf einer
großen Außenplastik von H.D. Schrader gegründet, macht im Schnitt drei
Ausstellungen im Jahr und hat heute 150 Mitglieder. Das ist eine
Bürgerbeteiligung, die in Relation zu den Einwohnern Hamburgs dem hiesigen
Kunstverein 15.000 Mitglieder bescheren müsste.
Nach einigen
Umbauten hat sich die tro-ckengelegte kleine Schwimmhalle inzwischen zu einem
Kulturzentrum gemausert, das deutlich über eine lokale Ausstellung in den
Fluren des während der Sommerferien verwaisten Internatsschlosses hinausgeht.
Für fünf Jahre kuratierte der ehemalige Ost-Berliner Galerist und spätere
Direktor des Hamburger Kunstvereins, Jürgen Schweinebraden Freiherr von
Wichmann-Eichhorn die Sommerausstellungen, seit diesem Jahr startet eine neue,
von Valentin Rothmaler gemanagte Reihe, in der nach der jetzigen Ausstellung
Zwischen Wasser im nächsten Jahr eine private Gemäldesammlung gezeigt wird, die
ein Stuttgarer Schwimmhallenarchitekt rund um das Thema Schwimmen aufgebaut
hat.
Die eher
konzeptuell ausgerichtete Ausstellung Zwischen Wasser versammelt sechzehn
internationale Künstler unter ihrem nassen Sujet. Und es ist klar, dass der
Bezug zum Element und zum Ort unterschiedlich direkt ist. Mit Hilfe der
Mikroskope des ortsansässigen limnologischen Instituts, dem Max-Planck-Institut
für Süßwasserforschung, hat Eva-Maria Schön Plöner Seewasser untersucht und in
Großfotos vergleichend dargestellt. Höchst flüchtig dagegen waren die nur in
DIN-A4 Dokumentation belegten geometrischen Formen, die der New Yorker
Fluxus-Künstler Robert Janz mit Wasser bei Ebbe auf Steine am Strand gemalt
hat. Und verschwinden kann auch die Arbeit des Hamburgers Michael Dörner: Sein
auf drei ovalen, von unten beleuchteten Glasplatten aufgebrachtes, vielschichtiges
Drip-Painting aus blauem Fruchtgummi ist nicht nur aus ess-barem Material, es
darf auch getrost verspeist werden.
Die aus
Bulgarien kommende Eva Davidova wäscht sich in einem in eine Badewanne
projezierten Video deutsche Wörter von den Händen und spielt mit einer
Videoprojektion einer nackten Badenden im Handwaschbecken. Überhaupt haben Sex
und Wasser auf geheimnisvolle Weise irgend etwas miteinander zu tun. So gelten
die Fotos und Dokumentationen von der in New York lebenden Münchnerin Sabine
Matthes der Matrosenromantik und auch Susanne Waiss' Großfotos zeigen eher
intime nasse Momente.
Mit der Energie
des Wassers werden die Klangwaagen von Rolf Langbartels betrieben, die Kraft
des Wassers formte die vom Eis verschleppten Findlinge in der Holsteinischen
Landschaft, die Frank Raendchen zusammen mit Kartoffeln in eine
wanddurchdringende Kreisform brachte und Raffael Rheinsberg präsentiert drei
seltsame Reste: Wassersäcke, die er in Stasi-Bunkern fand.
Bei der
Eröffnung der insgesamt anregenden Ausstellung meinte Andreas von Randow vom
schleswig-holsteinischen Kultusministerium: der allgemeine und freie Zugang zur
Kunst sei als Zivilisa-tionsstandard ebenso hoch einzuschätzen, wie
qualitätvolles Leitungswasser für jedermann. Die Provinz glänzt somit nicht nur
mit idyllischer Lage, sondern auch mit markigen Worten.
„Zwischen
Wasser – 30. Plöner Sommerausstellung“, Kulturforum Schloss Plön, Dienstag bis
Samstag, 14.30 bis 18.30 Uhr, Sonntag, 11.30 bis 18.30 Uhr, bis 3. September.
Ein Restaurant befindet sich im Keller der ehemaligen Schwimmhalle, ein kleiner
Biergarten ist vorhanden. Das umliegende Schloßparkgelände mit seinen
Barockbauten ist sehr reizvoll. Plön ist mit der Bahn ab Hauptbahnhof via
Lübeck in etwa 90 Minuten zu erreichen.