Leserbrief zu: David Grossman: "Israel ist kein Ort der Freiheit", SZ vom 30.1.2015, Seite 11

Sehr geehrte Redaktion Leserbriefe,

David Grossman gehört wohl auch deswegen zu den israelischen Lieblingsautoren der Deutschen, weil er uns das Wunschbild eines unschuldigen Israel vorgaukelt. In seinem Beitrag "Israel ist kein Ort der Freiheit" skizziert er den Israel/Palästina Konflikt mit selbstgerechtem Pathos und einer, für die israelische Linke beispielhaften, Überstrapazierung der Worte "Hoffnung" (11 mal) und "Frieden" (6 mal) anstelle von "Recht" (0 mal) und "Gerechtigkeit" (0 mal). Anstatt Ursachen und Lösungen klar zu benennen, beschreibt er den Konflikt wie eine Art schicksalhafter Naturkatastrophe. Die israelische Besatzung seit 1967 ist ihm eine eher nebensächliche, "unbegreifliche Tatsache". Und dass "die großartige und wunderwirkende Idee der Errichtung des Staates Israel" seit 1948 für die Mehrheit der Palästinenser eine ethnische Säuberung war, ist Grossman keine Erwähnung wert. 

Nur so lässt sich die Mär von einem friedliebenden Israel halten, das Grossman gemäß scheinbar grundlos von "feindlich gesinnten" arabischen Nachbarn umgeben ist und von einer palästinensischen Führung, bei der unklar sei, ob sie "für einen wirklichen Kompromiss überhaupt reif ist." Bedeutet "Reife" für ihn, Abbas solle, entgegen geltendem Völkerrecht und UNO-Resolutionen, ethnische Säuberung legitimieren und ein dauerhaftes Exil der Palästinenser akzeptieren? Und er solle einer von Israel kontrollierten Homeland-Politik auf wenigen Prozent Rest-Palästina zustimmen? Warum sollte Abbas für die Palästinenser Apartheid akzeptieren, die Mandela und die übrige Welt in Südafrika boykottierten? "Reife" erwartet man viel mehr von der israelischen Führung. Endlich einen israelischen Willem de Klerk, der versteht, dass es eine friedliche Zukunft nur geben kann, wenn er allen Bewohnern einer gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Heimat zwischen Mittelmeer und Jordan gleiche Rechte gibt.

Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Matthes
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